Noch ist Zeit zum Umhandeln

Klimawandel und seine Folgen in Oberberg

Dr. Jonathan F. Donges und Praktiker aus der Region diskutieren zum Klimawandel

- von Karin Vorländer

Ganz offensichtlich ist das Thema Klimawandel auch bei den Menschen in Oberberg angekommen. Eingeladen zur Veranstaltung am 8.Oktober 2019 hatte die Bürgerinitative Oberberg-Süd und das Klimabündnis Oberberg.

Über 250 Besucher, strömten zum Thema
„Klimawandel vor der Haustür. Was tun für die Zukunft in Oberberg?” in die bis auf den letzten Platz besetzte Aula des Schulzentrums.
Selbst improvisierte Plätze auf Tischen und an den Wänden reichten für die über 250 Veranstaltungsbesucher kaum aus. Trockenheit, unübersehbar Borkenkäferschäden in den Wäldern und schlechte Ernten sprechen ihre eigene Sprache und lassen kaum einen Zweifel daran: Auch Oberberg wird sich auf den Klimawandel einstellen und nach Gegenmaßnahmen suchen müssen. Keinen Zweifel ließ der Referent des Abends, der aus Gummersbach stammende Physiker Dr. Jonathan F. Donges vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) daran, dass der Klimawandel Menschen gemacht ist. Donges ist in Dümmlinghausen aufgewachsen, besuchte das Wüllenweber -Gymnasium in Bergneustadt und studierte anschließend in Bonn, San Diego, Potsdam und Berlin Physik.

„Da ist die Wissenschaft sich zu 100 Prozent einig”, so Donges in seinem alarmierenden Vortrag. Mit Schaubildern und Langzeitstudien belegte Donges beklemmend deutlich, dass es noch nie in der Geschichte der Erde und der Menschheit einen so rasanten Temperaturanstieg gegeben hat, wie der, den wir derzeit erleben. Auch die Ursache ist klar: Der ungebremste CO2-Ausstoss ist Auslöser er stetigen Erderwärmung. Seit Beginn des Jahrhunderts bis in die 1990 Jahre sei in Oberberg die Temperatur bereits um 1 Grad gestiegen, so Donges „Bis zum Ende des Jahrhunderts werden es bei weiterhin ungebremstem CO2-Ausstoß 4 Grad sein”, so die wissenschaftlich fundierte Prognose, des Klima-Fachmannes. Zu rechnen sei schon jetzt mit extremen Niederschlägen mit einem Plus von bis zu 50 Millimeter pro Quadratmeter und einem weiteren „extremen Waldsterben”.

Donges warnte in seinem Vortrag ebenfalls, dass irgendwann im Klimasystem Kipp-Punkte überschritten werden. Was dann geschieht, ist nicht ungedingt voraussehbar und Entwicklungen sind dann nicht mehr umkehrbar. Als Beispiel nannte er, bedingt durch das Abschmelzen des arktischen Eises, das Ansteigen des Meeresspiegel. Um der Erderwärmung entgegen zu wirken, müsse der Ausstoss von Kohlendioxid reduziert b.z.w. langfristig ausgesetzt werden. Denn nur dann könne die Erderwärung um 2° Celsius begrenzt werden.

Das PDF-Dokument zum 1. Teil des Vortrags können Sie  hier öffnen.

Nach dem 1. Vortrag von Dr.Donges berichteten Fachleute und Praktiker aus der Region und stellten Probleme, aber auch Handlungsmöglichkeiten aus ihrem Lebens- und Arbeitsbereich vor.

Der Waldbröler Förster Johannes Thomm erklärte, wie es im Oberbergischen Kreis zum schlechten Zustand der Wälder habe kommen können. Er berichtete von Eichen, deren Laub im Frühjahr erst braun waren und später grau wurden. Das katastrophale Fichtensterben durch den heißen Sommer 2018 mit der anschließenden massenhaften Vermehrung des Borkenkäfers sei ein Indiz dafür, dass sich etwas mit unserem Klima verändert hat. Schnelle Wiederaufforstung im alten Stil ist für ihn nicht in Sicht. Eine an den Klimawandel angepasste Waldwirtschaft brauche Zeit, so Thomm, dem auch eine auch Änderung des privaten Lebensstils, bis hin zu einer veganen Ernährung und ein Ächtung von Krieg wichtig ist.

Dr. Franz Meuter Imker und Fachmann für Hornissenschutz appelierte an die Oberberger von dem bekannten "RRK-Modell" Rasen-Rosen-Koniferen abzukehren und wenigsten eine Fläche auf dem eigenen Grundstück insektenfreundlich zu gestalten. Meuter berichtete von einer erfolgreichen Aktion in Großfischbach. Dort waren viele Bewohner bereit, mit Hilfe der von Meuter vorgezogenen bienenfreundlichen Pflanzemindestens 1m² Boden insektenfreundlicher Vielfalt zu schaffen. Das habe wesentlich dazu beigetragen, dass es nicht wie im Vorjahr katastrophale Verluste an Jungvölkern gegeben habe.

Sebastian Klein von der Solidarischen Landwirtschaft Oberberg erklärte, wie das Modell der Lebensmittelproktion funktioniert und in Reichshof-Eiershagen praktiziert wird. Das neue Modell zur Erzeugung regionaler Bio-Lebensmittel trägt zum Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft bei und findet auch in Oberberg regen Zuspruch.
Hinweis: Laut der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung stammen rund 11 Prozent der Treibhausgase (THG) aus der Landwirtschaft.  Daher ist es auch hier notwendig, umzusteuern. Das Modell der SoLaWi ist ein denkbares Beispiel um zu zeigen, dass es auch anders geht.

Rainer Zinkel rief dazu auf, sich politisch für den Klimaschutz zu engagieren. Er wirke innerhalb der Bürgerinitiative schon seit mehreren Jahren am Klimaschutzkonzept der Gemeinde Nümbrecht mit. "Nun sei es an der Zeit, endlich die erarbeiteten Projekte und Ziele im Detail auch in die Praxis umzusetzen" wünschte sich  Rainer Zinkel.

Großen Beifall gab es für den 15 jährigen Realschüler Niklas Franken, der als Initiator und Vertreter der Fridays für Future Bewegung in „Fridays For Future Oberbergischer Kreis - Windeck” ebenfalls zu Wort kam.  Auf die Frage von Karin Vorländer ob „FFF Oberberg-Windeck” weitermacht, beantwortete Niklas Franken mit: „Natürlich machen wir weiter. Wir müssen weitermachen.

Für die nächsten Aktionen sucht „FFF Oberberg-Windeck” dringend erwachsene Ordner.

Regen Gebrauch machte das Publikum von der Möglichkeit zu Rückfragen. Diskutiert wurde dabei auch das Thema Windkraft. Jonathan Donges gestand zu, dass Windräder Vögel gefährden könnte, stellte aber klar, dass es ohne ein radikale Wende in der Energieerzeugung und Maßnahmen gegen den Temperaturanstieg zu weit größeren Verlusten in der Tier- und Pflanzenwelt kommen werde. „Alles was wir jetzt tun, ist billiger als die vorhersehbaren immensen Kosten des Klimawandels”, so Donges.

Im abschließenden zweiten Teil seines Vortrags zeigte Donges Lösungsansätze des dringend nötigen Umhandlens auf. Private Änderungen des Lebensstils reichten längst nicht mehr aus. Die Politik sei gefragt und müsse gesetzliche Vorgaben schaffen, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens noch zu erreichen, so Donges. Die derzeitigen Beschlüsse der Bundesregierung hält Donges für unzureichend. In 30 Jahren müsse die Wirtschaft dekarbonisiert sein. Er appelierte unbedingt das vereinbarte Pariser-Klimaziel, die globale Erwärung unter 2° Celsius, einzuhalten, besser noch langfristig die globale Erwärmung unter 1,5° Celsius zu stabilisieren. Falls dies nicht geschehe, so Donges, dann werde ein Sommer wie der von 2018, zur Normalität.

Vorschläge von Donges sind zum Beispiel: Der  Abbau der Subventionen von fossilen Brennstoffen und eine konsequente Kohlenstoffbepreisung.

Das PDF-Dokument zum 2. Teil des Vortrags können Sie  hier öffnen.

Zwei Tage vorher, am Sonntag den 6. Oktober, hielt Dr. Jonathan F. Donges in der Evangelischen Kirche in Bergneustadt eine Kanzelrede zum Thema Klimawandel und den Perspektiven der oberbergischen Landwirtschaft.
Weitere Infos zur Kanzelrede in der Altstadtkirche finden Sie hier

Wer sich noch mehr  in die Thematik vertiefen möchte, dem werden unter den folgendem Links Infos zum Klimawandel in NRW und Deutschland angeboten. Die Portale zeigen Folgen des Klimawandels in Deutschland auf.

Es gibt die Möglichkeit, eine Vielzahl von Parametern (z. B. Temperaturen, Ernteerträge, Waldbrandgefahr) zu betrachten.

  • KlimafolgenOnline des PIK:hier
  • Klimaseiten des Deutschen Wetterdienstes:hier
  • Monitor zur Umsetzung der Pariser Klimaziele:hier
  • Umweltbundesamt zu Folgen des Klimawandels in NRW:hier
  • Bundesländercheck NRW beim GERICS Climate Service Center Deutschland:hier

Bilder von der Veranstaltung Klimawandel vor der Haustür