Bürgerwindpark Hilchenbach

Umweltringvorlesung Technische Hochschule Köln,Campus Gummersbach in Kooperation mit Zebio e.V am 3.06.2020

Bildquelle: Bürgerwindpark Hichenbach

Ein interessanter Vortrag im Rahmen der Umweltringvorlesung der TH Köln, Campus Gummersbach. Die TH konnte in Zusammenarbeit mit Zebio e.V. für den Vortrag den Geschäftsführer der Rothaarwind Herrn Günter Pulte gewinnen. In der Regel finden die Umweltringvorlesungen im Campus in Gummersbach vor Publikum statt. Corona bedingt, wurde der Vortrag per Videokonferenz übertragen.

Über 50 Teilnehmer*innen waren an der Videoübertragung zugeschaltet. Herr Pulte schilderte detailliert die Funktionsweise eines Windrades und berichtete auch über den Aufbau der 5 Windräder. Der Windpark Rothaarwind wurde in den Jahren 2007 - 2008 aufgebaut. Jedes einzelne Windrad hat eine Nennleistung von 2 MW. Im Mittel hat jedes einzelne Windrad pro Jahr eine Leistung von etwa 4000 MWh erzeugt.
Das entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von etwa 1000 bundesrepublikanischen „4 Personen-Haushalten”.
Würde man diese Energie mit Photovoltaik auf Dächern erzeugen wollen, so würde man dafür etwa 440 einzelne verschattungsfreie Hausdächer mit Südausrichtung benötigen. Bei dieser Berechnung wurde angenommen, dass pro Hausdach 10 kWp installiert würden und je 1KWp installierter Leistung 900 kWh pro Jahr erzeugt würde. Dieser Wert ist realistisch und entspricht im Mittel der Sonneneinstrahlung in unserer Region.
Würde man diese Energie mit einer Freiflächen-PV-Anlage erzeugen wollen, so würde man dazu eine Freifläche von 5,33 ha (53333 m²) benötigen. Das entspricht einer Fläche von über 7 Fußballfeldern mit den FIFA-Abmessungen von 105 x 68 m. Da bei Freiflächenanlagen die Module wegen der gegenseitigen Verschattung nicht so dicht aufgestellt werden können, wurde bei der Berechnung angenommen, dass für 1kWp installierte PV-Leistung 12 m² benötigt werden.

Wenn wir die Energiewende wollen, dann benötigen wir die Windkraft und nicht nur auf See sondern auch an Land. Ende 2022 werden die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet und für Ende 2038 ist der Ausstieg aus der Kohleverstromung beschlossen worden. Damit dies auch gelingen kann, ist nach dem momentanen Wissensstand die Stromerzeugung per Windkraft unerlässlich. Das heißt nicht, dass überall wo es die Windhöffigkeit zuläßt, Windparks gebaut werden können. Die Genehmigung und der  Bau eines einzelnen Windrads muss nach strengen Kriterien erfolgen. Dazu sind einige Fachgutachten erforderlich. Hier ein Auszug davon:

  • Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)

  • Schallgutachten

  • Schattengutachten

  • Artenschutzgutachten

  • Bodengutachten

  • Flora-Fauna-Habitat-Prüfung

  • Turbulenzgutachten

  • Windgutachten

Nur wenn alle Gutachten nicht dagegen sprechen, darf und kann ein Windrad gebaut werden. Um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen, ist es auch wichtig, die Bürger daran zu beteiligen. Dazu kann es unterschiedliche Beteiligungsmodelle geben. Der Bürgerwindpark Hilchenbach, von dem der Vortragende Herr Pulte berichtete, ist firmiert als „GmbH und & Co. KG”. Daran beteiligt sind 90 Gesellschafter. Als größte Gesellschafterin ist hier die Stadt Hilchenbach zu nennen. Auch andere Modelle, wie z.B. Genossenschaftsmodelle, sind möglich.

Um elektrische Energie regenerativ zu erzeugen, bieten sich 4 Methoden an:

  • Biomasse

  • Wasserkraft

  • Photovoltaik

  • Windkraft

Biomasse ist sehr kritisch zu sehen, da hier sehr schnell Monokulturen entstehen. Pflanzen, die für Nahrungsmittel angebaut werden und Pflanzen, die zur Energiegewinnung dienen, stehen miteinander in Flächenkonkurrenz (Tank gegen Teller). Eine ethisch vertretbare Biogasgewinnung ist daher nur aus niederwertiger Biomasse wie z.B. aus Gülle, Nahrungsmittelabfälle, Restholz, Pferdemist vertretbar und auch sinnvoll.

Die Erweiterung der Energiegewinnung aus Wasserkraft ist nicht vertretbar. Dazu ist ein großer Eingriff in die Fläche und auch in die Natur notwendig. In der Oberbergischen Region gibt es einige alte Wasserkraftwerke. Sie tragen einen Teil zur Erzeugung von Ökostromstrom in der Region bei. Der Anteil ist jedoch nicht sehr hoch. Zum Vergleich, die 5 Wasserkraftwerke an der Agger haben in den besten Jahren im Mittel etwa 12 - 13 GWh pro Jahr erzeugt.

Ein großes Potential zur Energiegewinnung bietet die Photovoltaik. Während die Nettoinstallationskosten noch vor etwa 10 Jahren bei 5000 € pro installierten 1kWp lagen, liegen die Installationskosten mittlerweile im Bereich zwischen 1200 € und 1500 € pro installierten 1kWp. Früher war es unbedingt notwendig, bei Hausdächern auf eine Südausrichtung zu achten. Heute lohnt es sich wirtschaftlich auch, auf Dächer mit Ost- und Westausrichtung eine PV-Anlage aufzubauen. Der erzeugte Strom einer PV-Anlage rechnet sich dann am wirtschaftlichsten, wenn so viel wie möglich selbst genutzt wird und weniger ins Netz gespeist wird. Die feste Vergütung für die Netzeinspeisung beträgt laut Bundesnetzagentur ab 1.Juni 2020 für Anlagen bis 10 kWp „9,17 Cent”  pro kWh. Der Strompreis vom Energieerzeuger liegt jedoch momentan knapp bei 30 Cent pro kWh. Die Schere geht, bedingt durch die jährlichen Strompreiserhöhungen, immer weiter auseinander. Die Amortisationszeit einer PV-Anlage verkürzt sich dadurch. Sie liegt heute im Bereich zwischen 10-12 Jahren.
Auch PV-Freiflächenanlagen sind von großer Bedeutung. Während diese Anlagen von Privatpersonen wirtschaftlich nicht gestemmt werden können, wäre dieses Feld für regionale Energieversorger interessant. Im „Interkommunalen Klimaschutzteilkonzept”, dass für die Kommunen Bergneustadt, Morsbach, Reichshof und Wiehl im Jahr 2014 von IFaS (Institut für angeandtes Stoffmanagment- Hochschule Trier) erstellt wurde, konnte z.B. auf deren Potentialflächen in diesen Kommunen eine mögliche Installationsleistung von rund 39 MWp ermittelt werden. Der jährliche Stromertrag wurde auf knapp 35.000 MWh berechnet. Innerhalb des Oberbergischen Kreises wäre z.B. die Konversionsfläche des ehemaligen Munitionsdepots in Reichshof-Wildberg für eine Freiflächen-Photovoltaik-Anlage ggf. geignet. Die müsste jedoch noch genauer untersucht werden.

Als letztes bliebe noch die Energieerzeugung durch Windkraft übrig. Es ist mittlerweile wohl allen klar, dass es die Energiewende ohne den Einsatz von Windkraft nicht geben kann. Bei der Abwägung eine Windkraftanlage zu bauen, müssen wie schon vorher beschrieben, alle Fachgutachten betrachtet werden. Falls die Fachgutachten eine Windkraftanlage nicht zu lassen, wäre abhängig von der Fläche zu prüfen, ob hier nicht ein  PV-Anlage installiert werden kann. Auch bei dem Bau einer Freiflächen-PV-Anlage sind Fachgutachten notwendig.

Abschießend kann man sagen, dass beide Energieerzeugungsarten, durch Wind und Photovoltaik ihre Berechtigung haben und sich gegegseitig ergänzen.

Weiter Informationen zum Bürgerwindpark "Rothaarwind" finden Sie unter folgenden Link.

Das PDF-Dokument zum Vortrag von Günter Pulte können Sie  hier öffnen.


Noch weitergehende Informationen über Windkraft und Bürgerakzeptanz ist in der Sendung des WDR-Fernsehens vom 22.01.2020 zu finden.

In der Sendung heißt es:

"Windkraft ist die wichtigste Säule der Energiewende. Aber der
Ausbau ist ins Stocken geraten. Vor allem die fehlende Akzeptanz
bei den Bürgern ist ein großes Problem. In der Stadt Lichtenau
wurden sie in die Planung mit einbezogen und profitieren auch
finanziell von der Windkraft. Ein Modell für ganz NRW?"

Den Film des WDR können Sie sich hier ansehen.

 

Wiehl, 12.06.2020 MFi